Die Mutschel ist ein Gebildebrot – ein sternenförmiges, mürbes Hefegebäck mit acht Zacken und einer würfelförmigen oder runden Erhebung in der Mitte. Um die Erhebung ist ein geflochtener Kranz gelegt.
Auf der klassischen Mutschel sind die acht Sternzacken noch mit Motiven wie Mond, Spirale, Brezel, Viereck verziert – auf jedem Zacken ein anderes Motiv.
Ob es sich bei der Mutschel aufgrund ihrer symbolträchtigen Verzierung um eine Art Opferbrot handelt oder eine Nachbildung des Sterns der Weisen aus dem Morgenland, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Fest steht, dass von einem brotähnlichen Gebäck namens „Mutsche“ bereits in einem Schriftstück aus dem 13. Jahrhundert die Rede ist. Im Mittelalter liegt auch der Namensursprung dieser süßen Leckerei: Im Mittelhochdeutschen wurde mit „Mutsche“ oder „Mütsche“ eine „gewisse Art kleinen Brotes“ bezeichnet.
Und vielleicht verhält es sich ja tatsächlich so, dass der Reutlinger Bäckermeister Albrecht Mutschler im 14. Jahrhundert diese Backspezialität erfunden hat…
Mutscheltag: In Reutlingen wird seit Jahrhunderten, am Donnerstag nach dem Dreikönigsfest, der „Mutscheltag“ gefeiert. An diesem „Reutlinger Nationalfeiertag“ wird in Kneipen, Gaststätten oder in heimeligen Wohnstuben um Mutscheln gewürfelt und gezecht. Dass es sich bei der „Mutschlerei“ um eine eher ausgelassene und spaßige Zockerei handelt, offenbaren allein die Namen der traditionellen Würfelspiele, wie: „Der Wächter bläst vom Turme“, „Der lange Entenschiss“ oder „Die einsame Filzlaus“ oder gar „Das nackerte Luisle“.
Heinz Eugen Schramm, Schwäbischer Mundartdichter, schrieb in seinem Gedicht „Dr Reutlinger Mutscheltag“: „….drom schmeckt e Mutschel halt zom Woi so donderschlächtig guat“.
Mutschelmehl ist ein alter Name für Paniermehl oder Semmelbrösel. Der älteren Bevölkerung fällt dabei sofort das „Ulmer Mutschelmehl“ ein. Es wird aus Weißbrot hergestellt und hat seinen Namen von den Mutsch(l)n – eben den kleinen Broten des Mittelalters.
Neckar-Alb
Hauptsächlich in der Zeit um das „Dreikönigsfest“.
Als Dessertgebäck zum Kaffee oder Tee, traditionell in den Reutlinger Gasthäusern auch zu Wein oder zu Bier und Wurstsalat.
Das Mehl in eine Schüssel geben. Aus Hefe, etwas Milch und Mehl in der Mitte einen Vorteig herstellen. Nach dem Gehenlassen die anderen Zutaten untermengen und alles zu einem ziemlich festen Teig verarbeiten. Ist der Teig zu weich, verliert die Mutschel beim Backen ihre Form. 1/6 des Teiges für die Verzierung der Mutschel bei Seite stellen. Aus dem restlichen Teig eine Kugel formen, etwas flach drücken und vom Rand her in gleichmäßigen Abständen acht mal einschneiden, so dass durch Herausziehen (wie bei einem Stern) acht Zacken entstehen. In der Mitte bleibt der Buckel. Aus dem bei Seite gestellten Teig ein Kränzchen flechten und um den Buckel herumlegen. Auf das Backblech legen, gehen lassen, mit Eigelb oder Kondensmilch bestreichen und hellbraun backen. Backzeit: ca. 25 Minuten bei 200 Grad.
Die Mutscheln gibt es nur in Reutlingen und Umgebung.
Stadt Reutlingen
Marktplatz 22
72764 Reutlingen
Tel.:07121 / 303-0
Fax: 07121 / 303–444
E-Mail: stadt@reutlingen.de
homepage: www.reutlingen.de
Eva Marie Helm
Hasenöhrl und Kirmesfladen. Das Buch der Brauchtumsgebäcke mit 278 Rezepten
1987, BLV München, 192 Seiten
ISBN: 3405126991
Christoph Mohr
Genießen in Baden-Württemberg
GeoCenter, Touristik Medienservice GmbH, 2002, Stuttgart, 1. Auflage
ISBN: 3-936184-00-3